„Stellt die Pyramide auf den Kopf“ – über die Struktur eines Pressetexts 

 April 3, 2023

von  Christoph Tautscher

Wie sind Pressetexte aufgebaut?

In diesem Blog habe ich bereits einen Artikel zum Thema PR-Text veröffentlicht, der in den letzten Jahren immer wieder aktualisiert wurde. Darin beschreibe ich, wie Ihr Eure Pressetexte zur „Speerspitze Eurer Online-PR“ machen könnt.

Die Idee dahinter ist, dass Ihr - egal ob Blog, E-Mail oder Social Media - mit den kleinsten Textformen (Titel, Untertitel, Teaser/Lead) Interesse für Euer Thema wecken müsst. Sonst werden E-Mails nicht geöffnet, Posts nicht geteilt oder Blogbeiträge nicht gelesen. Ihr dringt also wie eine Speerspitze in das Bewusstsein Eurer Empfänger:innen ein ... und jetzt drehen wir den Spieß um!

Diese Artikelreihe stützt sich auf meine 25-jährige Erfahrung als Radio-, Print-, PR- und Kulturredakteur sowie auf dem Vortrag „PR in Forschung & Lehre“. Dieser wurde ursprünglich von meinem Kommunikationskollegen an der FHWien der WKW Martin Paul erstellt. Die regelmäßig von uns gemeinsam überarbeiteten Inhalte basieren auf den 25 Kommunikationstipps des Nationalen Instituts für Wissenschaftskommunikation (NaWik). Diese vermitteln wir auch in einer internen Schulung den Forschenden an unserer Hochschule.

Pressetexte als "umgedrehte Pyramide"

Gut aufgebaute Pressetexte gleichen immer einer auf den Kopf gestellten Pyramide. Im Idealfall kann eine Redaktion den Text von hinten nach vorne kürzen, ohne dass Eure Kernbotschaft verloren geht.

Darum steht an erster Stelle die ...

Pressetext-Struktur als umgedrehte Pyramide - Grafik (c) tautscher.net

1. Kernbotschaft

Das „dicke Ende“ der umgedrehten Pyramide kommt zuerst – zumindest inhaltlich. Überlegt Euch, an was sich die Empfänger:innen Eurer Geschichte erinnern sollen. Was soll hängen bleiben? Was ist WIRKLICH wichtig. Denn hier sind wir mit der Anzahl der Zeichen sehr eingeschränkt.

„Das dynamische Duo“ – Titel und Untertitel

Ein Titel oder eine Schlagzeile sollte nie länger als 72 Zeichen sein - ideal sind 40 bis 45 Zeichen (immer inklusive Leerzeichen). Mit einem Untertitel haben wir noch einmal 180 Zeichen zur Verfügung, um die Informationen des Titels zu ergänzen oder einen entsprechenden Kontext herzustellen. Dieses „dynamische Duo“ sind die „Superheld:innen“, die um die Aufmerksamkeit des Publikums kämpfen. Gleichzeitig muss so viel Information verpackt werden, dass weiteres Interesse geweckt wird. 

„Der Küchenzuruf“ – Teaser, Lead, Einleitung oder erster Absatz

Auch hier stehen uns nur 250 Zeichen (immer noch inklusive Leerzeichen) zur Verfügung. Mit diesen beantworten wir die klassischen sechs W-Fragen (Wer, Was, Wo, Wann, Wie, Warum). Damit haben die Empfänger:innen schon mal was von Eurem Thema gehört – deshalb auch „Küchenzuruf“. Stellt Euch vor: Ihr fasst Eure Geschichte in zwei, drei Sätzen zusammen und ruft sie jemandem im Nebenraum zu – „Hast Du schon gehört? …“

Eure Kernbotschaft auf allen Kanälen

An dieser Stelle muss Eure Kernbotschaft vollständig rüberkommen. Denn mehr Platz bekommt auch keine Kurzmeldung in der Zeitung. Aber Printmedien sind für Euch nicht relevant? Bedenkt, dass auch ein Tweet kaum mehr Zeichen zulässt als unser „dynamisches Duo“ (72+180=252 Zeichen). Und in Kombination mit dem „Küchenzuruf“ (250 zusätzliche Zeichen) haben wir genug Text für Social-Media-Postings/-Events oder Newsletter-Artikel.

2. Details zum Thema

Jetzt hat das Zeichenzählen endlich ein Ende - fast. Denn im Mittelteil könnt ihr Euch mehr Freiheiten bei der Textformatierung erlauben. Das gibt unserer umgedrehten Pyramide die nötige Substanz. Achtet aber darauf, dass Ihr Euch nicht in Details verliert. Behaltet dabei immer das „Kommunikations-Kleeblatt“ des Nationalen Instituts für Wissenschaftskommunikation (NaWik) im Hinterkopf und formuliert Euren Text ...

  • einfach: schreibt in allgemein verständlichen Worten und bringt die Dinge auf den Punkt
  • kurz: „so kurz wie möglich so lang wie nötig“ - verzichtet auf Füllwörter und unnötige Adjektive, formuliert kurze (Haupt-)Sätze und vermeidet Schachtelsätze
  • strukturiert: sorgt mit logischem Aufbau für den nötigen Überblick, erleichtert die Orientierung und steuert die Erwartungshaltung - z.B. mit Absätzen, Bildern, Grafiken, Infokästen.
  • lebendig: schreibt mit aktiven Verben und vermeidet abstrakte Begriffe (-ung, -heit, -keit, -is), benennt die handelnden Personen, findet Alltagsbezüge durch bildhafte Vergleiche.
"NaWik-Kleeblatt“ © Nationales Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik)

© NaWik - das "NaWik-Kleeblatt“ ist als Marke geschützt und hilft dabei, Texte leichter zugänglich und verständlich zu machen. Es ist eine Weiterentwicklung des Hamburger Verständlichkeitskonzepts (Schulz von Thun et al.).

"Jemand muss die Arbeit machen, entweder der Sender oder der Empfänger."

Dieser Merksatz, der auf ein Zitat des 2022 verstorbenen Journalisten und „Sprachpapstes“ Wolf Schneider zurückgeht, begleitet mich seit meiner Zeit als Radioredakteur. Denn die Aufnahmefähigkeit des Publikums ist begrenzt. Das hat viele Gründe, die wir nicht beeinflussen können. Darum ist es unsere Aufgabe als Kommunikatior:innen, dem Publikum das Verständnis unserer Inhalte zu erleichtern.

Ihr müsst keinen Roman schreiben, wenn Ihr Hintergrundinformationen zum Thema oder zu den beteiligten Personen gebt. Konzentriert Euch auf zwei oder drei Punkte, die Euer Thema für das Publikum interessant und relevant machen. 

Verwendet Zwischenüberschriften, um den Inhalt des folgenden Absatzes zusammenzufassen. So nehmen auch Personen, die den Text nur überfliegen, die Kernaussagen des jeweiligen Absatzes wahr. Außerdem bietet man so den „Scannern“ die Möglichkeit, an der Stelle einzusteigen, an der sie die relevanten Informationen vermuten.

3. Zusatzinfos

Als „Spitze der umgedrehten Pyramide“ bieten wir den Empfänger:innen noch abschließende Zusatzinformationen an. Das können Kontaktdaten oder Links und Quellenangaben für weitere Recherchen sein. Hier ist auch der richtige Platz für eine Aufzählung der beteiligten Partnerorganisationen und Geldgeber:innen. Insbesondere bei Veranstaltungsankündigungen empfiehlt es sich, die wichtigsten Eckdaten noch einmal in Listenform aufzuführen.

Pressetexte für Contentmarketing - Photo by Florian Klauer on Unsplash
"Fachsprache zu zertrümmern, gehört zu den obersten Pflichten."

Mit diesen Worten - ebenfalls von Wolf Schneider - möchte ich diesen Beitrag schließen. Zwar bezieht sich das Zitat ursprünglich auf das journalistische Schreiben. Aber was spricht dagegen, wenn der PR-Text den Journalist:innen beim Schreiben hilft? Außerdem ist in Zeiten von Online- und Social-Media-Kommunikation jede Form der Kultur- und Wissenschaftskommunikation auch ein Stück Journalismus.

Doch wie erkennt und erzählt man eine gute Geschichte? Was sind die Bausteine erfolgreicher Kommunikation? Erfahrt es im Artikel "Was erfolgreiche Kultur- und Forschungskommunikation braucht".

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Christoph Tautscher

online.marketing.kommunikation

Seit über 25 Jahren bin ich im Online-, Medien- und Kulturbereich aktiv. Meine Erfahrung sammelte ich als Online-, Radio- und Print-Redakteur, sowie als PR- und Marketing-Manager u.a für das Jazz Fest Wien und die Jeunesse Österreich.

2018 erhielt ich meinen Master im Bereich „Marketing und Vertriebsmanagement“ an der FHWien der WKW zum Thema „Onlinemarketing für Kulturbetriebe“. Aktuell bin ich u.a als Kultur- und Onlinemarketing-Experte tätig und koordiniere die Forschungskommunikation an der FHWien der WKW.

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